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Seit dem 1. Januar ist Dino Šabanovic neuer Betriebsleiter im Kulturzentrum Galvanik in Zug. Wir luden ihn ein zum kulturpolitischen Gespräch.
Dino Šabanovic, sie sind der Nachfolger von Kyros Kikos als Betriebsleiter. Die Leitung des Kulturzentrums Galvanik scheint nicht für Müllers und Meiers gemacht zu sein?
Das Kulturzentrum Galvanik ist bekannt für seine Diversität, wir sind offen für alle. Kyros und ich sind aber auch ein Beispiel für die Schweizer Realität. Ich bin hier geboren, aufgewachsen und sozialisiert worden, habe aber auch einen lebendigen Bezug zu meinen Bosnischen Wurzeln.
Das Jugend- und Kulturzentrum Gaskessel in Bern gibt es seit 1971, in der Roten Fabrik in Zürich wird seit 1980 Kultur angeboten. Die Galvanik gibt es offiziell seit 1996. Alle drei haben gemeinsam, dass sie in verschiedenen Räumlichkeiten unterschiedlichste Kultur anbieten. Welche Bedeutung nimmt die Galvanik für Sie persönlich ein?
Mein Start mit der Galvanik war ein wenig harzig. Kurz bevor ich mit meiner Band 2008 hier auftreten konnte, brannte das Kulturzentrum ab. Aber alle haben wir dann gemerkt: Jetzt fehlt etwas Wichtiges in Zug. Natürlich konnte man schon damals nach Luzern oder Zürich in den Ausgang, aber das war unbefriedigend. Der Wiederaufbau der Galvanik war nötig. Heute müssen wir uns fragen: Was machen die anderen nicht, was wir machen können? In den letzten 20 Jahren sind im Umkreis von 20 Kilometern viele Clubs entstanden. Wegen der Mobilität wird es als Veranstalter eng im Rennen um Bands und Acts.
Die drei genannten Kulturinstitutionen haben auch gemeinsam, dass das Image nicht immer gut war und sie am Stadtrand liegen. Warum muss Jugend- und Populärkultur vielfach immer noch mit Vorurteilen und einer räumlichen Randständigkeit kämpfen?
Kultur ist manchmal laut, sie kann anecken. Ich erinnere mich an die Zeiten, als ich mit Kolleginnen und Kollegen mit Gitarren am See Musik gemacht habe. Wir wurden gebeten, weg zu gehen, weil wir stören. In Zug herrscht immer noch ein wenig die Meinung, dass das Publikum in Sachen Kultur Zug primär etwas für sein Geld erhalten soll. Wir sind heute auch in der Galvanik viel professioneller unterwegs. Aber wir sind immer noch am Stadtrand. Das erlaubt uns, dass wir hier machen können, was wir wollen. Zusammen mit der Chollerhalle haben wir im letzten Sommer als eine der wenigen in Zug die Spiele der Fussball- EM übertragen. Weit weg vom Zentrum. Wir hatten gute Publikumszahlen und keine Probleme mit der Nachbarschaft. Früher mussten wir den Behörden jeweils melden, welche Art von Veranstaltung wir planen. Diese wurden teilweise als polizeilich gefährlich eingestuft. So etwas gibt es heute nicht mehr.
Sie haben es erwähnt: Gleich neben der Galvanik liegt die Chollerhalle, in der andere Veranstaltungen stattfinden. Wie geht sich das Nebeneinander aus?
Sehr gut. Unsere Geschäftsleitungen treffen sich monatlich. Wir leihen Stühle in der Chollerhalle aus, wenn nötig, sie erhalten Dinge von uns. Die Synergien werden genutzt. Die Band Dabu Fantastic spielte bei bei uns, Plüsch am gleichen Abend in der Chollerhalle. Musiker beider Bands haben dann jeweils die Location gewechselt und sind auf beiden Bühnen gestanden. Das war eine gute Sache. Wir suchen die Zusammenarbeit, aber gehen weiter unseren eingeschlagenen Weg.
Sie hatten in der Galvanik einen Band-Übungsraum, dann haben sie als Booker aktiv mitgearbeitet und waren für das Kulturprogramm zuständig. Was hat Sie bewogen, jetzt die Betriebsleitung zu übernehmen?
Ich hätte die Möglichkeit gehabt, zu einer internationalen Musikagentur zu wechseln. Aber ich will hier in Zug jungen Bands eine Auftrittsmöglichkeit bieten. Das Potenzial, mit der Galvanik kulturell etwas zu bewegen ist nach wie vor gross. Das Team ist gut, der Vorstand und ich spüren, dass das Publikum schätzt, was wir tun. Es ist ein grosser Antrieb für mich, ein Teil davon zu sein.
Wo liegen heute die Herausforderungen für die Leitung eines Kulturzentrums?
Die Gesellschaft ist im Wandel, das Konsumverhalten ändert sich. Corona war ein Katalysator. Es fehlt seit diesen Jahren gefühlt eine ganze Generation. Wir haben dreimal pro Woche offen. Aber die Zusammenarbeit mit anderen Anbietern ist plötzlich schwieriger geworden, jede Band hat ein Management, die Gagenforderungen steigen. Auch das Ausgehverhalten ist anders. Das Publikum kommt nicht einfach mehr so. Also müssen wir ein Kulturprogramm bieten, das die Identifikation des Zentrums fördert und möglichst viele anspricht.
Als neuer Betriebsleiter fassen sie Änderungen ins Auge. Wie gehen Sie vor, diese umzusetzen?
Es geht nach wie vor nur mit offener Kommunikation. Können wir in Stadt und Region Zug mit unserem Programm möglichst viele ansprechen? Ist ein Expat bereit, schweizerdeutschen Rap anzuhören ohne Bezug zur lokalen Kultur? Gleichzeitig müssen wir von der Veranstalterseite her offen sein, Modelle anzupassen, flexibler zu werden. Es kann eine neue Stufe sein, mehr Personen ein Mitspracherecht zu geben, externe Programmgruppen Events veranstalten zu lassen oder ganze Programme einzukaufen. Konzerte allein können heute nicht mehr das Programm sein. Wir denken ein Bistro an, das ohne Eintrittsgeld besuchbar ist. Letzthin haben wir erstmals einen Flohmarkt mit viel Publikum durchgeführt.
Das langjährige Format «Viertel vor Fritig» findet anfangs März zum letzten Mal statt. Aber es gibt nach wie vor Konzerte, Comedy, Sportübertragungen, Kinder- Events oder neu auch politische Diskussionen. Wohin soll die Galvanik Ihrer Meinung nach hinsteuern?
Im aktuellen Format erscheinen wir immer noch ein wenig wie eine Gegenbewegung zu neuen Entwicklungen zu sein. Die Zuger Jugend handelt zum Beispiel inzwischen mit Bitcoins. Ich glaube, dass die vielen verschiedenen Räume in der Galvanik mehr und differenzierter ausgelastet werden müssen. Mir schwebt ein Kulturareal vor, mit der Galvanik und der Chollerhalle als Teil davon. Ich könnte mir vorstellen, dass innerhalb unserer Mauern ein zweiter, eigener Klub entsteht. In unserer näheren Umgebung sind gegen 6000 Neuwohnungen geplant. Warum also nicht daran denken, sonntags einen Brunch oder generell Stammtische für kulturelle oder gesellschaftliche Vereinigungen anzubieten, mehr Begegnungszone als nur Veranstaltungsort am Stadtrand zu sein?
Sie waren in Luzern tätig, wohnen in Zürich, aber machen Kultur in Zug. Das Heimweh scheint stärker zu sein als das Fernweh.
Ich bin in Zug aufgewachsen, habe in Luzern studiert und Basketball in Zürich gespielt. Ich bin also schon früh aus dem Zuger Umfeld weggekommen. Aber als Jugendlicher bin ich oft in Zug in den Ausgang, ich habe die heimische Szene kennen und schätzen gelernt. Und irgendeinmal hat mich die Bubble Galvanik wieder aufgesogen. Jetzt bin ich am Wochenende hier involviert. Ich wohne in Zürich arbeite aber in der Galvanik in Zug und manchmal von Zürich aus oder sonst wo in der Welt. Für mich passt das so.
Nächstes Jahr wird das Kulturzentrum Galvanik offiziell 30 Jahre alt. Wie weit sind schon spezielle Festivitäten geplant?
Wir sind dran. Das 25-jährige Jubiläum fand in der Corona-Zeit statt, deshalb dauerte es fast drei Jahre. Das 30-jährige wird garantiert anders, so viel kann ich schon sagen. Speziell ist ja vor allem der eigentliche Jubiläumstag: Am Silvester 2025 werden die Jubiläumsfeierlichkeiten ihren Anfang nehmen.
Renato Cecchet
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