Zeitgeschichte
Vor 70 Jahren fuhr das Tram in den Zuger Gemeinden
Der Zuger Kulturschärpengewinner ist ein Virtuose am Cello und mit der eigenen Stimme.
Jonas Iten ist weit über Zug hinaus als Cellist und Tenor bekannt. Der Träger der Zuger Kulturschärpe 2024/25 lebt Musik in all ihren Facetten. Im Interview spricht er über die Auszeichnung, das neue Zurlaubenhof-Festival und über die Verbindung von Volksmusik und Klassik.
Herr Iten, Sie wurden kürzlich mit der Zuger Kulturschärpe ausgezeichnet. Was bedeutet Ihnen diese Ehrung persönlich?
Dieser Kulturpreis ist eine grosse Ehre und Freude, das ist klar. Dass dieser Preis auch über Voting zustande kam und ich ja nicht weiss, wer für mich gestimmt hat, macht es noch spezieller für mich. Wenn der Künstler beim Publikum «ankommt», das fühlt er und er kann sich noch mehr entfalten. Dieser Preis ist für mich ein weiteres Zeichen dafür.
Sie sind sowohl als Cellist als auch als Tenor erfolgreich. Wie vereinen Sie diese beides?
Ihre Frage hat natürlich praktische Aspekte: Ich kann mich im Üben, bei der Vorbereitung nicht täglich auf beide Ausdrucksformen voll konzentrieren, je nachdem, was als nächstes ansteht. Aber das Cello-Spiel und der Gesang sind für mich zwei verschiedene Perspektiven auf das Gleiche, die Musik. Und damit eröffnen sie gegenseitig Einsichten, weil viele Aspekte und Details anders und doch ähnlich sind. Gewisse technische Aspekte bleiben dann aber trotzdem ganz spezifisch beim Cello oder beim Gesang.Inzwischen mache ich sehr gerne Programme mit Cello und Gesang kombiniert und hab gelernt auch in beidem «auf den Punkt» vorbereitet zu sein, dabei locker zu bleiben und so auch im Konzert das Momentum des einen für das andere zu nutzen.
Ihre Karriere ist stark mit Zug verbunden. Wie haben Sie die hiesige Musikszene erlebt und selbst mitgestaltet?
Meine ersten Lehrer waren alle in der Familie, ich kam also mit der Musikschule der Stadt Zug erst als Lehrer in Kontakt. Zur Zuger Sinfonietta kam ich kurz nach ihrer Gründung von 1998, ich finde es toll wie sich da junge Musikerinnen und Musiker, teilweise noch Studentinnen und Studenten zusammengetan haben, ihr Idee realisiert haben und wie sich das Orchester in all den Jahren professionalisiert und entwickelt hat! Natürlich habe ich inzwischen zahlreiche Zugerinnen und Zuger im Cellospiel unterrichtet und habe das Celloensemble mit zahlreichen erwachsenen Schülerinnen und Schüler in vielen Gottesdiensten und öffentlichen Konzerten geleitet. Zusammen mit der Kunsthistorikerin und Zurlauben-hof-Expertin Brigitte Moser konnte ich an Pfingsten das Zurlaubenhof-Festival zum ersten Mal durchführen. Elegante Kunstgeschichte und hochkarätige klassische Musik an diesem historischen und wunderschönen Ort, zusammen mit einem festlichen Catering durch das Restaurant Schiff! Wir konnten sehr viel Begeisterung auslösen – unser Solist Daniel Dodds nannte nach dem Festival das Zuger Publikum wiederholt das Beste der Schweiz - und wir sind bereits in Planung für das Festival im nächsten Jahr.
Gibt es einen besonderen Moment in Ihrer bisherigen Laufbahn, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Ich darf sagen, dass ich immer wieder absolute Highlights erlebe, die für mich inspirierend sind und an die ich mich gerne noch lange erinnere, oder auch dass ich ganz wichtige Erlebnisse in Konzerten habe. Spontan fallen mir spezielle Auftritte als Tenor Solist ein, zum Beispiel in einer weihnächtlichen Kantate im Weihnachtskonzert mit dem Bach Ensemble Luzern im KKL. Oder besonders spektakulär in Erinnerung sind mir meine Zugabe-Tenor-Auftritte auf einer Deutschland-Tournee mit den Festival Strings, die meist in Standing Ovations endeten.
Sie unterrichten an der Musikschule Zug. Was motiviert Sie in der Arbeit mit jungen Talenten sowie Schülerinnen und Schüler?
Ich habe viele sehr interessierte Schülerinnen und Schüler, die Arbeit ist sehr verantwortungsvoll und kann eine grosse Wirkung erzielen. Und diese Herausforderung stellt sich mir an jedem Unterrichtstag. Oft lerne ich dabei selber etwas dazu. Abgesehen davon ist es schön, auf diese Weise einen Menschen für viele Jahre zu begleiten.
Mit Ensembles wie den Festival Strings Lucerne oder der Camerata Zürich sind Sie auch international unterwegs. Welche musikalischen Unterschiede erleben Sie zwischen Zug und der grossen Welt?
Klar gibt es ab und zu einen absolut inspirierenden Konzertsaal – wie vor einem Monat das Teatro Colón in Buenos Aires – etwas, was ich in Zug vergeblich suche. Ich liebe an den Tourneen das Reisen, neue Begegnungen, Perspektiven, natürlich auch das Kommunizieren mit einem fremden Publikum über die Musik. Und umso schöner ist es dann, mit neuen Perspektiven erfrischt in die bekannte Heimat-Stadt zurückzukehren.
Die Pflege von Schweizer Volksmusik im klassischen Kontext liegt Ihnen ebenfalls am Herzen. Was fasziniert Sie an dieser Verbindung?
Melodien, die über ganz viele Generationen gesungen, überliefert und gesammelt wurden haben oft viel Aussagekraft. Diese dann für klassische Instrumente zu arrangieren und auch eigene Elemente dazu zu komponieren das hat mir in den vielen Jahren beim Schweizer Oktett viel Freude bereitet.
Welche musikalischen Projekte beschäftigen Sie aktuell oder stehen bald an?
Noch vier Konzerte und dann habe ich im Juli vier Wochen lang eine leere Agenda. Das kommt selten vor und ich freu mich sehr drauf. Ich habe ein Aufnahme-Projekt mit den sechs Suiten für Cello Solo von Bach, das ich seit langem ganz beenden möchte, und auch mit Gesang steht eine Aufnahme mit Orchester an. Im Weitern möchte ich im Duo mit der fantastischen Pianistin Anna Zaychenko neue Programme mit Cello und Gesang einstudieren und aufführen. Und wie gesagt: Das Zur-laubenhof-Festival 2026 werden Brigitte Moser und ich bald planen.
In einer Zeit, in der klassische Musik zunehmend mit populären Formaten konkurriert: Wie sehen Sie die Zukunft dieser Kunstform?
Mit allen Social Media und Streaming Möglichkeiten hat sich viel geändert. Auch wenn nicht immer nur mit Qualität um Aufmerksamkeit gekämpft wird, sind lebendiger Austausch und Konkurrenz erst mal belebend und bereichernd für die Kunst. Und das geschieht ja auf diesen Plattformen.
Was wünschen Sie sich für die Kulturlandschaft in Zug, insbesondere für junge Künstlerinnen und Künstler?
Vielleicht doch irgendwann ein Upgrade in Richtung Teatro Colón? Ansonsten, dass weiterhin so viele kompetente professionelle Leute sich für das Kulturleben in Zug engagieren, auch in Zukunft ein offenes Ohr für die Anliegen der jungen Künstlerinnen und Künstler haben – die Musikschule Zug von heute eingeschlossen – sich gegenseitig inspirieren und so einen kulturellen Reichtum und Freude in der Bevölkerung verbreiten.
Michael Schwegler
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